Pilocka Krach wollte Punkband werden. Nur kam ihr das Techno-Berlin der Jahrtausendwende dazwischen. Heute ist sie mitreißender Solo-Live-Act. Als wenn es kein Morgen gäbe, macht sie aus jedem Song ein Hit – und ganz Berlin singt mit. Diese Live-Hits sind jetzt auf einem Album versammelt und das macht Spaß. Warum die Besitzerin von Greatest Hits International, Chefnärrin des Karnevals der Verpeilten und Erfinderin des kurzweiligen Mitsing-Schunkel-Techno dieses Label gewählt hat, ist unklar. Okay, DJ Hells Gigolo Recordings gibt es nicht mehr. Doch zu Shitkatapult, Boys Noize oder Ed Banger hätte nicht nur die Haltung, sondern – im Falle der beiden Letzteren – auch die Modemagazin-Erotik der Covers besser gepasst: ein durch das heteronormativ-männliche Begehren geprägter Blick auf das weibliche Geschlecht. Ja, Krach weiß Verwirrung zu stiften und entzieht sich damit gewitzt dem vielleicht vom Management so gewünschten Hashtag Technofeminismus. Pilocka Krach ist eben die Alexander Marcus einer sich rebellisch fühlenden Nachwendegeneration von Technohedonistinnen – Prä-Berghain. Mit Theorie hat das hier nichts zu tun, sondern mit Provokation. Und damit landen wir wieder beim Punk.
http://www.groove.de/2015/07/09/pilocka-krach-best-of-album-review/
09.07.2015 Text: Carlos de Brito