Wenn die Ausstellung gefallen hat, leistet man sich zur Erinnerung vielleicht einen Katalog. Wenn man das Gefühl hat, etwas überhaupt nicht kapiert zu haben, kann man mit dem Katalog zu Hause nacharbeiten. Michaela Melián (auch F.S.K.) hat zu ihren beiden Ausstellungen �Panorama� (2002) und �Ignaz Guenther House� (2003) gemeinsam mit Carl Oesterhelt (Carlo Fashion, F.S.K., The Merricks u. v. a. m.) Tracks eingespielt, die aus diesem spezifischen Rahmen zusätzliche Bedeutung abschöpften und zugleich weitere Resonanzen in den Kunstraum einspeisten. Beide Tracks waren als separate Multiples in streng limitierter Auflage vor Ort zu erwerben. Gudrun Gut gefielen die Tracks so gut, dass sie ein Monika-Album »in Auftrag gab«, was insofern eine mittelfristige Zukunftsinvestition war, als Melián nur für Kunstprojekte jenseits von F.S.K. Musik produzieren wollte. So mussten andere Dinge hinzukommen � etwa eine Hommage an den früh verstorbenen Frankfurter Künstler Peter Roehr oder eine Ausstellungs-Aktion von Christiane Rösinger �, um die gewünschte Albumlänge zu erreichen. Natürlich stehen die Tracks im Kontext ihres jeweiligen Anlasses, tragen bestimmte Samples als Assoziationsspuren in sich, die vielleicht auf Bach oder Krautrock oder F.S.K. oder Carlo Fashion verweisen. Andererseits sollen die Tracks auch individuelle Züge tragen, für sich stehen, sollen ohne ihre Referenzen funktionieren bzw. »neue« Referenzen produzieren oder sich einfach auch nur gut anhören. Es handelt sich um individuell instrumentierte, F.S.K.-ähnliche Housetracks, handgemacht und analog mit durchgetretener Bassdrum. Als Bonustrack, also exklusiv für �Baden-Baden�, gibt es dann noch einen Auftritt von Melián als stets etwas Nico�eske Chanteuse mit einer sehr eindrucksvollen, nicht werktreuen Cover-Version von Roxy Musics �Song For Europe�. Worüber man angesichts der gekappten Vernetzung von �Baden-Baden� mal länger nachdenken könnte, ist, inwieweit und auf welcher Ebene rein instrumentale Musik die Fähigkeit zum Zitat-Pop akkumulieren kann. Und für welches Publikum. Womit wir gleich bei �Black Music� (dem F.S.K.-Album), bei der sonic fiction Thomas Meineckes und bei Roxy Munich gelandet wären. Kommt man/frau aus diesen Verflechtungen noch heraus?
Ulrich Kriest