Wenn der Name Michaela Melián fällt, dürften die meisten Intro-Leser wohl an F.S.K. denken. In der Münchener Band spielt Melián seit ewigen Zeiten Bass, Cello, Melodica, Blockflöte oder Keyboards, auch singt sie, im Laufe der wechselvollen Bandgeschichte mal mehr, mal weniger. Doch wie alle F.S.K.-Mitglieder hat auch Michaela Melián ein weiteres künstlerisches Praxisfeld. Seit etwa Mitte der Achtzigerjahre arbeitet sie, die in München Musik und Kunst studiert hat, als bildende Künstlerin.
Ihre Ausstellungsprojekte geht Melián gern assoziativ und flaneurhaft an. Sie recherchiert vor Ort und erzielt dann mit scheinbar einfachen Mitteln und den formalen Strategien der Minimal Art und der Pop Art eine bemerkenswerte Wirkung, die aber immer eher kulinarisch und sinnfällig als spröde und didaktisch daherkommt. So hat sie für die Ausstellung �Tomboy� (Baden-Baden 1995) Porträts von »legendären Frauen« wie Tamara Bunke, Emma Goldman, Renate Knaup-Krötenschwanz oder Annemarie Schwarzenbach am Fahndungscomputer des Münchener LKA erstellt. Der Clou dabei: Im Fahndungscomputer finden sich lediglich männliche Gesichtsteile und -typen. Ein Phantombildprogramm für Frauen existiert nicht. Solch »glückliche« Funde zeichnen Meliáns Kunst aus, sie arbeitet gewisserma�en mit kulturhistorischen Synergie- und Aha-Effekten.
Michaela Melián
Low Tech Â? High Concept [10.11.04]
Wenn der Name Michaela Melián fällt, dürften die meisten Intro-Leser wohl an F.S.K. denken. In der Münchener Band spielt Melián seit ewigen Zeiten Bass, Cello, Melodica, Blockflöte oder Keyboards, auch singt sie, im Laufe der wechselvollen Bandgeschichte mal mehr, mal weniger. Doch wie alle F.S.K.-Mitglieder hat auch Michaela Melián ein weiteres künstlerisches Praxisfeld. Seit etwa Mitte der Achtzigerjahre arbeitet sie, die in München Musik und Kunst studiert hat, als bildende Künstlerin.
Ihre Ausstellungsprojekte geht Melián gern assoziativ und flaneurhaft an. Sie recherchiert vor Ort und erzielt dann mit scheinbar einfachen Mitteln und den formalen Strategien der Minimal Art und der Pop Art eine bemerkenswerte Wirkung, die aber immer eher kulinarisch und sinnfällig als spröde und didaktisch daherkommt. So hat sie für die Ausstellung �Tomboy� (Baden-Baden 1995) Porträts von »legendären Frauen« wie Tamara Bunke, Emma Goldman, Renate Knaup-Krötenschwanz oder Annemarie Schwarzenbach am Fahndungscomputer des Münchener LKA erstellt. Der Clou dabei: Im Fahndungscomputer finden sich lediglich männliche Gesichtsteile und -typen. Ein Phantombildprogramm für Frauen existiert nicht. Solch »glückliche« Funde zeichnen Meliáns Kunst aus, sie arbeitet gewisserma�en mit kulturhistorischen Synergie- und Aha-Effekten.
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In letzter Zeit kommt selbst produzierte Musik als zusätzlicher Referenzraum hinzu. Ein gutes Beispiel dafür ist die Ausstellung �Ignaz Guenther House� (München 2002). Melián: »Ignaz Guenther ist ein bedeutender Bildhauer des Rokoko, von ihm gibt es ganz wunderbar ekstatische Figuren. Die Ausstellung war in seinem ehemaligen Atelier, und da gab es eben dann den Ignaz-Guenther-House-Track, der um ein Bach-Sample herum gebaut ist. Eine Magdalenenfigur, die übrigens nicht Teil der Ausstellung war, sondern herbeiprojiziert wurde, wird zur glamourösen House-Queen. Bei den Dia-Installationen ist ja die Grundidee immer eine filmische, und da liegt der Gedanke an Musik ja nicht fern.« Wenn man zudem wei�, dass das Ignaz Guenther Haus am Rande des Münchener Schwulenviertels liegt, bekommt House eine weitere Bedeutung. Melián »erinnert« an spezifischen Ausstellungsorten Zusammenhänge, die zuallererst konzeptuell »vernäht« werden müssen (was Melián durchaus auch konkret handwerklich tut). Das Gut Triangel in der Lüneburger Heide ist ohne die Erinnerung an Bernward und Will Vesper, ohne Hinweis auf das KZ Bergen-Belsen ebenso nicht zu haben, wie Melián ihren Blick auf Baden-Baden mittels eines Textes des verfemten antisemitischen Poète maudit Louis Ferdinand Céline (�Norden�) schärfen lässt. Mit der jetzt gewisserma�en separat erschienenen Kompilation von Ausstellungsmusiken unter dem Titel �Baden-Baden� (Monika Enterprises) verhält es sich wie mit den Installationen: Beides »funktioniert« erstaunlich einleuchtend, doch der kontextuelle Reichtum erschlie�t sich erst durch begleitende Lektüre von Ausstellungskatalogen oder gar Gespräche mit Michaela Melián.
Autor: Ulrich Kriest