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HIGHLIGHTS
Gudrun Gut Moment
06.12.2018 von Frank Sawatzki
Ein Album, das die komplette Laufbahn der Berlinerin abbildet, von Cold Wave über Analog-Elektronik, Ballade und Hörspiel bis zur Soundsuchfunktion.
Kann ein Album einfach mal alles zusammenfassen (und auf eine Art miteinander verbinden), was eine Künstlerin bislang auf Platte und Bühne gebracht hat (die Projekte mit Blixa Bargeld, Thomas Fehlmann u.v.a. eingeschlossen)? Die 14 Tracks auf der neuen Platte von Gudrun Gut lassen mehr als eine Ahnung von diesem Gesamtheitsanspruch aufkommen, hier thront die Analog-Majestätin neben der Soundsucherin, der Cold-Wave-Popperin (die Malaria kreuz und quer spielen kann), Krautrockerin, Sprecherin und Balladensängerin.
Hymnen ist sie genau so wenig abgeneigt wie dem abstrakten Stück und ein Bowie-Cover („Boys Keep Swinging“ von LODGER) hat Gut auch im Programm. Das klingt dann, als hätte Kurt Weill ein Singspiel für die 80s-Disco komponiert. Gudrun Gut springt hier zwar zwischen den Zeiten und Räumen. Aber es ist diesen ihren Aufnahmen bei aller Verschiedenheit ein sehr spezieller Ton eigen: eine Unruhe, die sich in den verbogenen Tönen, den hastig dahingerufenen, manchmal eingefrorenen Worten, dieser letzten kleinen Idee von Punk und New Wave breitmacht, die wie ein Pestgeruch die Musik aufsucht.
Es ist eben längst nicht alles gut bei Gudrun Gut, irgendwo zwischen „Musik“ und „Schienenersatzverkehr“ pendelt der emotionale Bus dieser Ausnahmekünstlerin, er kommt zum Stocken und sucht die No-Gos auf, die die Konkurrenz gar nicht kennt. Gudrun Gut wird noch mehrere tolle Momente wie dieses Album haben, aber vielleicht keines, das ihre „Laufbahn“ so gut abbildet wie dieses.